Heute geht es weiter mit der abenteuerlichen Reise: einmal im Winter rund um Island.
Die Bilder und die Geschichte vom Tag 1, von der Reise von Hveragerði bis Fluðir, gibt es hier in diesem Blogbeitrag zu bestaunen.
Nach einem ersten abenteuerlichen Tag nächtigten wir in Fluðir in einem super schönem Ferienhaus. Wir ließen den Tag bei gutem Essen und einem Gläschen Wein im HotPot ausklingen und warteten auf den prophezeiten Sturm. Dieser ließ jedoch noch auf sich warten.
Im Stundentakt aktualisierte ich am Abend die Wetter- und Straßen App um zu sehen, ob die geplante Reise vom zweiten Tag möglich war. Eigentlich wollten wir bis nach Höfn fahren, das sind um die 400 Kilometer die Südküste entlang. Der Sturm raste jedoch direkt auf die Südküste zu und wir wussten nicht, ob wir am nächsten Tag überhaupt vor die Haustüre kommen würden ohne weg geblasen zu werden.
Ich fragte den Vermieter noch zu seiner Meinung und seinen Erfahrungen, ob wir die Reise antreten können. Er sagte uns: „Gleich in der Früh, sobald die Straßen offen sind (achja, ich hatte noch gar nicht erwähnt: viele Straßen waren am Abend schon gesperrt worden) los fahren, und einfach mal schauen wie weit ihr kommt. Sobald es gefährlich wird, werden die Straßen sowieso wieder gesperrt. Und da ihr ja ein sehr gutes Auto habt (einen riesengroßen 4×4 Toyota Patrol) könnt ihr ja ohne Bedenken, aber dennoch vorsichtig, euren Weg wagen.“
Ich sprach noch mit einigen anderen Einheimischen, da ich die Wetterlage absolut nicht einschätzen konnte. Ich wollte ungern den Mietwagen zu Schrott fahren und dabei im Straßengraben landen.
Wir gingen schlussendlich mit einer leichten Ungewissheit ins Bett. Aber unser Optimismus brachte uns dazu, unsere Wecker früh zu stellen, damit wir wenn es möglich war, früh los kamen.
Am nächsten Morgen schien der Wetterbericht am Vormittag noch nicht ganz so schlecht anzusagen. Wir beschlossen gleich nach dem Frühstück aufzubrechen.
Aus der Tür raus, erwartete uns die erste große Schneewehe. Die Nacht über hat es durchgehend geschneit, und es waren zirka 30 Zentimeter Neuschnee hinzu gekommen.
Wir kämpften uns den Weg bis zum Auto und mussten verdutzt feststellen, dass die Straße nicht geräumt war. Wir waren zwar im Ort Fluðir, aber dennoch etwa 15 Kilometer weit entfernt davon. Die ersten 7 Kilometer Straße von Fluðir aus gibt es einige Häuser, und die restlichen etwa 8 Kilometer kann man sich wie eine Art Zufahrtsstraße vorstellen, an dessen Ende wir nun standen. Ich bekam noch einen Anruf von einer befreundeten, in Island lebenden, Touristenführerin und wir besprachen die Lage. Sie sagte, dass wir schnell los fahren sollten, und wenn wir flott sind, dann müssten wir die halbe Strecke bis nach Vík schaffen, bis Höfn könnte aber spannend werden.
Zurück zum Auto und zum Schnee.
Wir fuhren los und kamen gerade bis zur Hauseinfahrt, als wir uns das erste mal fragten, wie die Straße vor uns verläuft. Es gibt selbstverständlich Leitpfosten, aber diese sind bei „Zufahrtsstraßen“ oft nur auf einer Seite der Straße, manchmal links, manchmal rechts aufgestellt, und teilweise auch in großem Abstand zueinander.
Wir fanden dann schnell die Zufahrtsstraße und nach etwa 100 Metern war das nächste Rätselraten angesagt. Wir standen auf einem kleinen Hügel, rechts und links von uns befanden sich in etwas Entfernung Bauernhöfe und sonst war gar nichts zu sehen. Bei dem Gedanken, woher wir dem Tag zuvor kamen, waren wir uns uneinig. Denn es war ein langer Tag und schon am dunkel werden. Ich packte kurzerhand mein Handy aus, aktivierte Google Maps und probierte die Straße zu finden. Die Straße führte angeblich gerade aus, und nach einigen Minuten entschieden wir einfach ganz langsam los zu fahren und zu hoffen, dass wir auf, und nicht neben der Straße landeten.
Glück gehabt. Es war erstmal der richtige Weg. Das Problem an den isländischen Straßen ist, dass sie so gut wie immer rechts und links abfällig sind. Also es wird meist Schotter aufgeschüttet und darauf die Straße gebaut, damit bei möglichen Überschwemmungen die Straße nicht gleich unter Wasser steht. In unserem Fall war das aber nicht sehr von Vorteil. Auch wenn unser Gastgeber sagte: „Ja und wenn ihr mal von der Straße abkommt: dann legt einfach den ersten Gang ein und fährt wieder ganz langsam auf die Straße zurück. Mit eurem Auto dürfte das kein Problem sein.“ Sehr beruhigend.
Meter um Meter verstrich und wir waren nur am Straße suchen. Meine Schwester kontrollierte bei Google Maps wie die Straße zu verlaufen hatte und meine Cousine und ich suchten die Gegend nach Leitpfosten ab.
Die Spannung hielt sich noch einige wenige Kilometer, bis schlussendlich Traktorspuren vor uns zu sehen waren, die uns den Weg leiteten.
Aber damit war die Sache noch nicht erledigt, denn es lagen noch einige Kilometer zwischen uns und Fluðir. Ich glaube, dass wir ohne die Spuren, denen wir nun folgten, den Weg nicht gefunden hätten. Es gab zum Beispiel einmal eine S-Kurve, bei denen definitiv zu wenige Pfosten standen. Teilweise mussten wir durch Schneewehen fahren, die jenseits von 50 Zentimeter hoch waren. Dazu kam noch der strenge Wind, der die Spuren vor uns teilweise schon etwas zugeweht hatte.
Nach einiger Zeit erreichten wir Fluðir und konnten das erste Mal durchatmen.
Wir fuhren in Richtung Süden und waren doch irgendwie froh, dass zumindest vor einigen Stunden (oder waren es nur Minuten) die Straße geräumt wurde.
Das hieß aber noch lange nicht, dass die Straße auch frei von Schnee war. Der Wind wehte sehr viel Schnee zurück auf die Fahrbahn und wir tuckerten bei Schneefahrbahn und Schneeverwehungen weiter. Teilweise war es auch unglaublich eisig, aber wir hatten ja Spikes auf den Reifen und somit kein großes Problem damit.
Das Einzige, das diese doch etwas spektakulären Fahrverhältnisse wirklich gut machte, war die Lichtstimmung. Diese war einfach nur der absolute Hammer!
Da in Island im Winter die Sonne nicht sehr hoch aufsteigt, sondern eher am Horizont bleibt, entstehen viele wunderschöne Farben und ein extrem weiches Licht.
Wir bogen auf die Ringstraße ab und fuhren gemütlich weiter.
Da wir aufgrund der Wetter- und Straßenverhältnisse nicht zu unserem ersten Ziel, dem Urriðafoss, kamen, führte uns der Weg weiter in den Süden bis zum Seljalandsfoss.
Wir fuhren durch Hella und blieben bei der Tankstelle stehen um für die (noch in den Sternen stehende) lange Tagesreise unseren Tank aufzufüllen. Als erstes machte uns unser Auto beinahe einen Strich durch die Rechnung, denn der Tankdeckel ließ sich nicht mehr öffnen. Wir vermuteten, dass er eingeeist war und holten uns von der Tankstelle heißes Wasser. Zum Glück brachten wir ihn mit Müh und Not auf.
Beim Tanken viel mir schon ein kleiner Reisebus auf, der von einem Asiaten gefahren wurde. Er tankte auch und fuhr kurz vor uns los.
Ich kann mich ja grundsätzlich sehr glücklich schätzen, dass wir in Österreich auch ab und an Schneefahrbahn haben, und ich weiß wie man damit umgeht. Vermutlich hatte der Asiate noch niemals zuvor eine Fahrt auf rutschiger Fahrbahn.
Wir holten den Kleinbus nach wenigen Kilometern ein und staunten, wie katastrophal er fuhr. Extrem unkonstant, und mitten auf der Fahrbahn, sogar bei Gegenverkehr.
Ich bin ja auch eher der Typ Mensch, der bei schlechten Fahrverhältnissen und KEINEM Gegenverkehr die ganze Straße nutzt. Aber bei Gegenverkehr verziehe ich mich sehr schnell auf meine Seite.
Nicht nur einmal hatte ich schon Visionen davon, wie der Kleinbus mit einem entgegenkommenden Auto, Bus oder LKW kollidierte. Es war nicht nur einmal knapp. Bis heute wundert es mich, dass nichts passiert ist. Ab und zu ist er dann aber auch auf seiner Seite geblieben, wie auf diesem Bild kurz vor dem Seljalandsfoss.
Meine Schwester bekam, wie am Tag zuvor, meine Kamera in die Hand gedrückt und fotografierte die wunderschöne Aussicht.
Der erste Halt war der Seljalandsfoss.
Eigentlich wollten wir bis zum etwas abseits gelegenen Wasserfall Gljúfrabúi gehen, aber es war so eiskalt durch den Wind, dass wir den Gedanken daran schnell sein ließen.
Als wir vom Seljalandsfoss zurück auf die Ringstraße abbogen, begrüßte uns die Sonne. Es war so ein traumhaft schöner Moment. Der Wind fegte den Schnee über die Ebenen und die Sonne tat das Übrige, um die Stimmung perfekt zu machen.
Anfangs hatten wir noch eine richtig gute Fernsicht. Meist sah man viele Meter weit, nur ab und an erwischte uns eine Windböe und hüllte uns mit Schnee ein, sodass wir genau gar nichts mehr sahen.
Auf dem Weg zum nächsten Wasserfall, dem Skógafoss, wurde der Wind immer mehr und die Böen auch. Die Touristenautos erkannte man in den teilweisen schlechten Sichtverhältnissen sofort raus: denn es waren diejenigen, die sofort die Warnblinker eingeschaltet hatten. Aus Kollegialität wollten wir das auch machen, bis wir feststellten, dass unsere Warnblinkanlage gar nicht funktionierte. Also machten wir einen auf Isländer und fuhren ohne Warnblinker durch die Böen hindurch.
Eine richtig gute Sache hat eine Sturmwarnung an sich: denn es sind viel weniger Touristen unterwegs. Am Seljalandsfoss konnten wir die Touristen ganz einfach überblicken, und am Skógafoss sogar von der Hand zählen.
Am Skógafoss fragte ich eine Engländerin auf dem Parkplatz, von welcher Richtung sie kommen, und wie die Fahrverhältnisse sind. Sie erzählte mir, dass sie von Kirkjubæjarklaustur (das ist von Vík weiter östlich in Richtung Höfn) los gefahren sind, und die Strecke bis nach Vík die reine Katastrophe war. Ab Vík ging es dann aber ganz gut, abgesehen von der teilweise schlechten Sicht. Ein Satz prägte sich mir ganz gut ein: „Da weiß man wenigstens, dass man am Leben ist.“ Wie wahr, wie wahr.
Wir beschlossen also schnell weiter zu fahren und uns in Vík einen gemütlichen Nachmittag und Abend zu machen, und uns auch dort eine Unterkunft zu suchen.
Der Weg bis nach Vík war etwas spannend zu fahren. Teilweise ging es ganz gut, teilweise war die Sicht aber auch durch Schneewehen sehr schlecht. Im Großen und Ganzen kamen wir aber gut voran.
Bevor man nach Vík kommt, überquert man einen Berg. Auf dem Berg wurden die Fahrverhältnisse schnell schlechter. Wir sahen teilweise nichts mehr und konnten nur darauf hoffen dass niemand auf der Straße rum lief.
In Vík angekommen stellten wir sofort fest, dass die Straße nach Höfn schon gesperrt war. Wir gingen an den Strand und ich muss es nochmals sagen: so ein Sturm hat was positives, denn wir waren (fast) alleine dort! Wir wurden zwar teilweise fast umgeweht und rutschten oft ungewollt umher, aber sowas nehme ich dafür sehr gerne in kauf.
Wieder einmal kam mein „da kann man sterben“ zu Wort. Wer den Beitrag vom Vortag gelesen hat, der hat die Geschichte mit dem „Weg gesperrt – Schild“ mitbekommen, und auch, dass es in Island immer einen Grund hat, wenn wo etwas gesperrt ist. Der Reynisfjara Strand ist bekannt dafür, dass schon einige Menschen dort mit der Strömung in die Tiefen des Meeres gerissen wurden und gestorben sind. Dieser Strand befindet sich zwar einige Kilometer westlich von dem Strand, bei dem wir waren, aber trotzdem ist die Strömung auch hier nicht zu unterschätzen. Der Gedanke zum Wasser zu gehen wurde von mir schnell mit einem „wenn du unbedingt drauf gehen willst“ zu Tode gemacht.
Stattdessen fotografierte ich meine Schwester beim springen. Gar nicht so einfach bei so viel Wind. Als nächstes hat sie sich dann einfach gegen den Wind gelegt. Denn dabei fliegt man in Island auch ohne jegliche Körperspannung nicht um.
Wir verbrachten noch eine kurze Zeit am Strand und gingen danach etwas essen.
Wir hatten ziemliches Glück: denn es war erst 14:00 Uhr und wir fanden ein relativ günstiges Gästehaus. Die Straße von Vík nach Höfn war gesperrt, ebenso mittlerweile auch die Straße in die andere Richtung, also nach Reykjavík. Wir waren also eingeschlossen.
Nach einem kurzen Shopping-Erlebnis gingen wir ins Schwimmbad und danach ins Gästehaus.
Spät am Abend kamen, trotz schon stundenlanger aufrechter Straßensperren, noch immer Autos vom Berg hinuntern nach Vík gefahren. Ich bekam mit, wie einige Touristen im Gästehaus fragten, ob noch was frei sei. Wenn ganz Vík ausgebucht ist, dann wird meist der Turnsaal der Schule in ein Matratzenlager umgewandelt und die Duschen des Schwimmbades werden für die Körperhygiene zur Verfügung gestellt.
Mein Gedanke bei jedem Auto, das spät am Abend noch nach Vík fuhr, war einerseits: „Krass, dass die nichts von der Sturmwarnung mitbekommen haben!“ Und andererseits: „Selber schuld.“
Denn es gibt in Island sehr gute Webseiten um sowohl das Wetter zu beobachten, als auch über (mögliche) Straßensperren informiert zu werden. Es gibt eigens eine Webseite für Touristen, die nur auf das ausgelegt ist. Und dann wären da auch noch die Anzeigetafeln neben der Straße, die die Windgeschwindigkeiten anzeigen..
…aber das ist dann wohl ein anderes Thema mit blauäugigen Touristen…
wir hatten auf jeden Fall noch einen schönen Abend, und wurden vom Sturm nicht überrascht. 😉
DANKE an alle, die es bis hierher geschafft haben, ihr habt einen Orden verdient!
Ich hoffe euch gefällt, was ihr hier so lest! Bis demnächst, bei einem Tag mit Rückenwind. 😉